Meine Kunstpraxis umfasst eine heterogene Kombination von verschiedenen Medien: Photographie, Installation, Film und Video, Prozessen Künstlerischer Forschung, Kunstprojekten im öffentlichen Raum und kuratorischen Arbeiten. Sie repräsentieren sich einzeln in Werkgruppen, oder kombinieren sich mit einem erweiterten Kontext zu Installationen. Für alle Arbeiten ist der gemeinsame Forschungsgegenstand die Zeit. Diese manifestiert sich in Bildfriesen, Installationen, Videoarbeiten, Filmprojekten, interaktiven Skulpturen oder theoretischen Konzepten.
So wie wir den Raum immer in jeweils anderen Konstellationen wahrnehmen, erleben wir die Dimension Zeit in verschiedensten Narrativen. Die Zeit, im Aspekt politischer Aktualität mit historischer und mythologischer Gründung, utopischer oder heterotopischer Perspektive, ist der Fixpunkt meiner Arbeit. Subjektives Erleben in Verbindung mit unterschiedlichen auch absurden Methoden, die sich von einer wissenschaftlichen Systematik und Normierung unterscheiden, bildet die Grundlage meiner Erforschung von Phänomenen und führen zu Erkenntnissen, die sich als ästhetische Erfahrung einprägen und mich zur Darstellung drängen. Für diese Formen subjektiver Erfahrungs- und Wissensvermittlung, prägten wir 1981 bei gemeinsamen Projekten und Symposien im Künstlerhaus Stuttgart den Begriff „Künstlerische Forschung“¹, der inzwischen zu einem anerkannten Bereich der bildenden Kunst und der künstlerischen Ausbildung geworden ist.
Vier Beispiele:
Mythologischer Zyklus Kulturwandel, die geplante und teilweise realisierten Installationen:
Der Sohn, die Mutter und der Lehrer – Achill, Thetis und Chiron.
Die Trilogie wird Assoziationen des Kulturwandels seit der Jungsteinzeit und gegenwärtiger Transformationsprozesse der Technik, wie z.B. dem Ende des Atomzeitalters, zu einer Natur verträglichen Technik aufzeigen. Für ein geplantes Ausstellungsprojekt sollen als Reenactment die beiden bereits realisierten Teile der Trilogie: „Der Schild des Achill“, Videoinstallation 1980 (im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart) und die Installationen „Höhle des Chiron“ 1986 (Kunstraum Filderstr.34) mit dem dritten Teil „Öffne das Auge der Thetis“ einem Rotalgen Forschungsprojekt mit Meeresbiologen kombiniert werden. (Projekt nicht vollendet)
MAX8 – Max Eyth und die Transformation der Technikkultur (Fotografie & Installationen)
Auf den Spuren Max Eyths ist Ulrich Bernhardt nach Ägypten (Kairo, Alexandria) USA (New Orleans, Pennsylvania) und Russland (Samara, Togliatti) gereist und hat seine Begegnungen mit den materiellen und ideellen Hinterlassenschaften von Max Eyth in Fotoarbeiten festgehalten. Die Reiseziele basieren auf literarischen Hinweisen (Tagebücher u.a.) und Zeichnungen, die der Ingenieur Max Eyth während seiner Auslandsaufenthalte im 19. Jahrhundert angefertigt hat. Was zeigen diese Orte heute für ein Bild? Was erzählen diese Orte über den Zusammenhang von Technik, Gesellschaft und Umwelt – rückblickend auf die Zeit Max Eyths? Welche technischen Versprechen von damals haben sich eingelöst und mit welchen Folgen?
Teile des Zyklus wurden bereits ausgestellt, 2006 in der städtischen Galerie Kornhaus in Kirchheim, 2012 im Literaturhaus Stuttgart und 2013 im Kosmosmusem in Samara Russland (das Projekt ist noch nicht abgeschlossen).
AMBELAKIA, eine europäische Utopie? (Dokumentarfilm und Bildfries)
Blüte und tragisches Ende der ersten Genossenschaft der Welt.
Durch Zufall hat Ulrich Bernhardt den Bergort Ambelakia in Griechenland entdeckt. Die besonders prächtige Architektur einiger alten Herrschaftshäuser stand im krassen Gegensatz zu den eintönigen Neubauten. Deren opulenten Wandmalereien und reiche Innenausstattungen faszinierte ihn so sehr, daß auf seine Fragen, wie dieser Luxus vor 200 Jahren entstanden ist, ihm von den Einwohnern berichtet wurde, eine Kooperative hätte diesen Reichtum in dem abgelegenen Ort erwirtschaftet. In jahrelanger Arbeit begann nun Bernhardt eine Spurensuche nach dieser rätselhaften Färbergenossenschaft in vielen Bibliotheken Europas. Der Bibliothek National in Paris, der österreichischen Nationalbibliothek und dem Staatsarchiv in Wien, der Genadius Bibliothek und dem Benaki Museum in Athen. Seine Odyssee führte ihn zu vielen Orten in Europa nach Berlin, Wien, Paris, Leipzig, Bayreuth, Lyon, London, Triest und Istanbul. Er befragte u.a. Historiker, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler und Nachkommen der Direktoren der Genossenschaft von Ambelakia.
Aus diesen vielen Mosaiksteinen ergab sich ein faszinierendes Bild einer Heterotopie auf dem Balkan, das dieser verschworenen Gemeinschaft trotz der osmanischen Herrschaft eine jahrelange wohlhabende Unabhängigkeit und kulturelle Blüte bescherte. Die roten Fäden, welche in den Manufakturen von Ambelakia gefärbt wurden, hatten von 1780 bis 1828 ganz Europa mit einem dichten Handelsnetz verbunden. Die Ursachen des Aufstiegs der Kooperative und deren tragisches Ende und Verschwinden aus der Geschichte sind bis heute der europäischen Sozialgeschichte noch weitgehend unbekannt.
(Projektierter Dokumentarfilm nicht realisiert und realisierter Bildfries im Philosophischen Seminar der Universität Tübingen)
„Europäische Kulturströme – der Rhein und der Neckar“ ein 305 m langer Bildfries
Eine Recherchenreise für einen öffentlichen Auftrag der Stadt Stuttgart (U-Bahnstation Killesberg Stuttgart)
Was verbindet Europa im Heute mit gestern und morgen? Seine Ströme und seine Kulturen! Diese sind entlang der Flüsse seit Jahrtausenden entstanden. Noch bevor das Zeitalter der Datenströme richtig in Schwung kommt, waren diese Kulturströme schon ausgebildet und werden auch in neuen Flussbetten weiter fließen. Stuttgart besitzt seit 1993 ein Kunstwerk, das genau diesen Zusammenhang zwischen Kulturen und Flüssen aufzeigt. In der Dimension – als längstes existierendes Flußporträt der Welt einmalig, im Ausdruck vielgestaltig und rätselhaft, hat es viele Betrachter fasziniert und zum Nachdenken angeregt. Zwei Jahre hat Ulrich Bernhardt ausschliesslich an der Realisierung dieses Bildfrieses gearbeitet und dieser ist eines der frühen monumentalen Bildwerke im digitalen Druckverfahren. 2014 wurde vom Bürgerverein Killesberg und der Staatliche Aakademie der Bildenden Künste ein Buch herausgebracht das als textliche Informationsebene für den landeskundlichen und kulturellen Hintergrund dient, um die meist unbekannten inhaltlichen Bezüge mit den Bildern zu vernetzen.
¹Imagination is more important than knowledge. For knowledge is limited, whereas imagination embraces the entire world, stimulating progress, giving birth to evolution. It is strictly speaking, a real factor in scientific research.
Albert Einstein